Südkurier im Gespräch mit unserer neuen Trainerin Sandra Reichmann: „Ich freue mich voll auf diese Aufgabe.“

Sandra Reichmann (38) spricht im Interview über ihre neue Rolle als Cheftrainerin der Drittliga-Handballerinnen des SV Allensbach.

Frau Reichmann, Sie feiern elf Jahre nach Ihrem Abschied als Spielerin demnächst als Trainerin die Rückkehr zum SV Allensbach. Wie fühlt sich das an?

Ich finde es voll cool. Ich war zwar lange nicht in der Halle, hatte aber schon immer eine Ahnung, was die so tun. Beim Abstieg aus der 2. Bundesliga vor zwei Jahren war ich nach langer Zeit mal wieder in Allensbach, und da habe ich gemerkt, dass ich immer noch eine Bindung zu diesem Verein habe. Es war verrückt: Ich stand beim letzten Saisonspiel auf der Tribüne und habe beim Schlusspfiff plötzlich zu heulen angefangen. Es ist eben immer wieder was Besonderes, in diese Halle zu kommen. Beim SV Allensbach habe ich so viele schöne Dinge erlebt.

Woran erinnern Sie sich am liebsten?

An die Leute, die früheren Mitspielerinnen. Ich war erst 15, als ich nach Allensbach kam. Da war alles neu für mich, so weit weg von daheim. Das war wie eine Familie für mich. Damals war Handball mein Leben.

Wie ging es für Sie weiter, nachdem Sie nach drei weiteren Jahren in Österreich 2009 Ihre aktive Karriere beendeten?

Danach hatte ich mit Handball im Verein nicht so viel am Hut, ich hatte aber die Verantwortung für die Ballsportarten in der Sportwissenschaft an der Uni Konstanz und habe selbst den Handball-Grundkurs und den Schwerpunkt unterrichtet. Es war auch mal schön, an den Wochenenden frei zu haben. Viele haben mich dann angesprochen und gefragt: Warum machst denn nicht mal wieder was?

Und warum haben Sie denn nicht mal wieder was gemacht?

Ich hatte das Bedürfnis lange nicht. Ende des vergangenen Jahres hatte ich erstmals wieder das Gefühl, dass es gehen könnte. Unsere Kinder sind jetzt vier und fünf Jahre alt und auch allein zu handeln. Dann habe ich einfach mal meine Lizenzen aufgefrischt und die gemischte Hochschulmannschaft übernommen und mich rangefühlt an das Trainerdasein. Und das hat mir einen Mordsspaß gemacht. Da konnte ich mir vorstellen, mal gemeinsam mit einem erfahrenen Partner zusammenzuarbeiten.

Wie es jetzt in Allensbach mit dem neuen Teamchef Oliver Lebherz, der selbst ein erfolgreicher Trainer war, der Fall sein wird.

Genau, auch die Allensbacher hatten lange davor schon einmal angefragt, aber damals war das undenkbar für mich. Peter Liebl hat sich neulich gemeldet, und es hat sich total cool angehört. Als ich jetzt im Schweden-Urlaub den Anruf aus Allensbach bekam und wusste, dass Oliver Lebherz mit an Bord sein wird, habe ich schnell zugesagt. Alleine hätte ich den Job aber nicht übernommen, das wäre wenig reflektiert. Ich habe noch einiges zu lernen. Ich war in meinen Mannschaften zwar oft Kapitän, aber das ist etwas anderes. Mal sehen, wie es ist, auf der anderen Seite zu stehen. Ich freue mich richtig darauf, von ihm etwas lernen zu können.

Wie wird die Rollenverteilung sein?

Das wird sich im Detail in den ersten Gesprächen ergeben. Die Posten Teamchef und Cheftrainer sind ja schon definiert, jetzt müssen wir sie mit Leben füllen. Er bringt auf jeden Fall viel Erfahrung mit.

Kennen Sie ihn aus Ihrer Spielerzeit?

Ich habe nie unter ihm gespielt, aber eine sehr gute Freundin hat viele Jahre unter ihm in Albstadt trainiert. Immer, wenn ich sie besucht habe, durfte ich mittrainieren.

Sie steigen zwei Wochen vor Saisonstart ein ohne die Mannschaft zu kennen. Ist das nicht ein riskanter Zeitpunkt, um ein solches Amt zu übernehmen?

Ich glaube, dass das eine Chance sein kann. Ein Trainerwechsel bringt immer eine neue Situation. Die Spielerinnen müssen sich neu beweisen, es kommt ein frischer Wind mit neuen Leuten voller Elan. Es wird auf jeden Fall was passieren, aber man darf auch nicht zu viel erwarten. Wir klatschen jetzt nicht alle weg, nur weil ein neuer Trainer da ist. Ich bin aber grundsätzlich ein sehr positiver Mensch und freue mich voll auf diese neue Aufgabe.

Fragen: Ingo Feiertag, Südkurier, 05.09.17, http://m.suedkurier.de/sport/regionalsport/regionalsport-bodenseewest/Sandra-Reichmann-Ich-freue-mich-voll-auf-diese-Aufgabe;art2783,9401332
Zur Person

Sandra Reichmann kam 1995 noch mit ihrem Mädchennamen Rebholz von Friedrichshafen zum SV Allensbach, für den sie elf Jahre in der 2. Bundesliga spielte. Nachdem die Kapitänin den SVA 2006 verlassen hatte, spielte sie noch drei Jahre für Feldkirch in der höchsten österreichischen Liga. Die promovierte Sportwissenschaftlerin leitet seit 2005 das Fitnessstudio der Uni Konstanz, zudem bildet sie an der Sport Science Academy Fitnesstrainer aus. Bisher hat die 38-Jährige nur Jugend- oder Uni-Teams trainiert. Reichmann ist seit 2012 verheiratet. Sie hat einen fünf Jahre alten Sohn und eine vier Jahre alte Tochter und wohnt in Konstanz. (fei)